ÖBB Reihe 4010

Die Baureihe 4010 ist eine bekannte elektrische Triebwagengarnitur der Österreichischen Bundesbahnen, welche über mehr als drei Jahrzehnte den hochwertigen Schnellzugverkehr in Österreich prägte.

 

 

 



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Ursprünglich wurden 1965 drei Triebwagengarnituren für den damaligen Paradezug Transalpin der ÖBB beschafft, welcher seit 1958 zwischen Wien und Zürich verkehrte. Die neue Baureihe 4010 ersetzte dabei die vierteiligen Garnituren der Baureihe 4130, welche aufgrund ihrer Ableitung aus den Nahverkehrstriebwagen der Reihe 4030 den Ansprüchen des hochwertigen internationalen Schnellzugverkehrs nicht gerecht werden konnten.

Die neuen sechsteiligen Triebwagengarnituren bestanden aus einem Triebkopf mit einem Zugführerabteil, einem Großraumwagen zweiter Klasse, einem Abteilwagen zweiter Klasse, einem Speisewagen mit zwei Abteilen zweiter Klasse, einem Abteilwagen zweiter und erster Klasse und einem Steuerwagen mit einem Großraumabteil erster Klasse sowie einem Packabteil.

Die Zuggarnituren waren intern mit Mittelpufferkupplungen der Bauart Scharfenberg gekuppelt, an den Enden hatten sie normale Puffer und Schraubenkupplungen. So war es bei Bedarf möglich, maximal zwei normale Wagen zur Verstärkung mitzuführen oder bei Ausfall des Triebkopfes den abgebügelten Zug mit einer Lokomotive zu ziehen. Erstmals gab es bei einem ÖBB-Fahrzeug eine thyristorgesteuerte E-Bremse und Einholm-Stromabnehmer (Bauart VI). Diese Bauart war wegen der engen Platzverhältnisse am Lokdach notwendig, denn eine sehr große Fläche war für die fahrtwindgekühlten Bremswiderstände reserviert.

Mit den neuen 26,4 Meter langen Wagen beschritten die ÖBB neue Wege im Waggonbau. Der Großraum-Steuerwagen mit Packabteil hatte fiktiv sieben Abteile der ersten Wagenklasse, der gemischtklassige Abteilwagen vier Abteile erster, sechs Abteile zweiter Klasse, der Großraumwagen zweiter Klasse fasste die Passagierzahl von zehn Abteilen, der Abteilwagen zweiter Klasse offerierte elf Abteile. Mit diesen Wagen wurde das Konzept des UIC-Typs Z vorweg genommen, das zehn "rechnerische Abteile" beim Zweitklass-Großraumwagen und elf Coupès im Abteilwagen vorsieht, wie er erst zehn Jahre später mit den Corail-Wagen in Frankreich und den Eurofima-Wagen in Europa einschließlich Österreichs verwirklicht wurde.

Zum großen Bekanntheitsgrad dieser Triebwagengarnituren trug neben dem markanten Design auch die charakteristische Ursprungslackierung in saphirblau und elfenbein mit den auffällig rot umrandeten Scheinwerfern bei. In den 70er-Jahren wurde dies auf ultramarinblau/elfenbein geändert und das ÖBB-Flügelrad durch das damals neue ÖBB-Emblem ersetzt, sowie die großen Klassenziffern angebracht.

Bei ihrer Indienststellung setzten die Garnituren der Baureihe 4010 für österreichische Eisenbahnen neue Maßstäbe in Sachen Komfort. Die Sitzplatzaufteilung 2 + 1 auch in den 2.Klasse Großraumwagen mit ausreichend Platz für Gepäck zwischen den Stühlen erscheint auch heute noch wegweisend angesichts des teilweise zu beobachtenden Trends zu immer engerer Bestuhlung ohne Rücksicht auf die Fensterteilung nach Vorbild der Fluggesellschaften. Dieser zuvor ungewohnte Komfort auch in der zweiten Klasse machte die Garnituren der Baureihe 4010 bei den Bahnkunden äußerst beliebt, und manchmal sprach man auch vom „Trans-Europ-Express des kleinen Mannes“.

Bei aller Beliebtheit machten sich mit laufender Erfahrung im Betrieb dennoch einige konstruktive und konzeptionelle Schwächen bemerkbar. So neigten die Garnituren aufgrund der eher starren Scharfenbergkupplung zu manchmal äußerst unangenehmen Ruckelbewegungen in Längsrichtung, vor allem im Schiebebetrieb und in Doppeltraktion. Das Platzangebot in der zweiten Klasse war im Vergleich zur in Österreich traditionell schwach ausgelasteten ersten Klasse bald zu gering, sodass es regelmäßig zu überfüllten Zügen kam, obwohl in der ersten Klasse noch eine ausreichende Zahl an Sitzplätzen vorhanden gewesen wäre. Die häufig zu beobachtende Doppeltraktion wiederum machte unter anderem eine unwirtschaftliche Doppelbewirtschaftung zweier Speisewagen nötig, sodass es auch Überlegungen gab, längere Garnituren mit je einem Triebkopf an jedem Zugende und nur einem Speisewagen zu führen, welche aber nie realisiert wurden

 

Einsatz

 

Eine zweite Serie von 12 fünfteiligen Garnituren wurde ab 1966 für den innerösterreichischen Städteschnellzugverkehr gebaut. Diese Serie unterschied sich von der ersten unter anderem durch vollständig zu öffnende Fenster wie bei den Schlierenwagen, einem Halbspeisewagen mit zusätzlichen 17 Sitzplätzen zweiter Klasse, sowie dem Fehlen des Abteilwagens erster und zweiter Klasse, welcher später jedoch aus Kapazitätsgründen bald ergänzt wurde. Weiters wurde der Triebkopf ab dieser Serie auf 16,82 m verlängert.

Für die Ende der 60er-Jahre neu geschaffenen internationalen Verbindungen Johann Strauß (Wien - Passau -Frankfurt am Main), Bodensee (Wien - Bregenz - St. Gallen) und Rosenkavalier (Wien - München) wurden in einer dritten Serie zwei weitere sechsteilige Garnituren entsprechend der ersten Serie beschafft.

In den 70er-Jahren wurden schließlich eine vierte und fünfte Serie von insgesamt 12 sechsteiligen Garnituren beschafft, wiederum mit Übersetzfenstern, jedoch im Gegensatz zu den bisherigen Garnituren mit einem klimatisierten Vollspeisewagen. In dieselbe Zeit fällt 1977 auch das Ende der Ära als Transalpin, welcher auf einen lokbespannten Zug mit den neuen Eurofima-Wagen umgestellt wurde. Mit der gleichzeitigen Beschränkung des Laufweges des Triebwagenschnellzuges Bodensee auf Wien - Bregenz endeten damit vorläufig die internationalen Einsätze der Baureihe 4010.

Ende der 80er-Jahre wurden die Triebzüge modernisiert. Die Wagen erhielten unter anderem Schwenkschiebetüren, neue Sitzbezüge, die Eckfenster der Führerstände wurden verschlossen und die Garnituren, angelehnt an die Farbgebung der internationalen Reisezugwaggons der ÖBB, in verkehrsrot, umbragrau und grauweiß lackiert. Ein Teil der Triebwagengarnituren (der vierten und fünften Serie) wurde darüber hinaus mit einem geschlossenen Toilettensystem und einer Klimatisierung ausgestattet, um für den Einsatz im EuroCity-Verkehr nach Deutschland tauglich zu sein.

Sehr bald nach dieser Modernisierung setzte jedoch in den 90er-Jahren der Niedergang dieser Baureihe ein. Der Reihe nach wurden die Speisewagen ausgemustert und an ihre Stelle Sitzwagen aus abgestellten Garnituren eingereiht. Die Abteilwagen Erster/Zweiter Klasse wurden zu reinen Zweitklasswagen, die Halbspeisewagen teilweise zu reinen Sitzwagen umgestaltet. Die Züge wurden öfters umkonfiguriert, so dass es nicht ungewöhnlich mehr war, verschiedene Fensterbauarten (Übersetzfenster, Senkfenster oder Festfenster/Klimaanlage) im gleichen Zug anzutreffen. Anstelle der ursprünglichen Aufteilung verkehrten die Triebwagengarnituren nun vielfach mit vier Zweitklasswagen und dem Steuerwagen erster Klasse.

 

Fahrzeugnummern der Triebwagengarnitur Reihe 4010

 

Die Garnitur war ursprünglich im Regelfall in dieser Zusammenstellung gekuppelt:

  • 4010.000 (Triebwagen)
  • 7010.100 (Zwischenwagen Großraum): 2.Klasse
  • 7110.100 (Zwischenwagen Abteile): 2.Klasse
  • 7310.100 (Speisewagen), 7310.300 (Halbspeisewagen) oder 7110.300 (Buffetwagen): 2.Klasse
  • 7110.200 (Zwischenwagen Abteile): 1.und 2.Klasse
  • 6010.000 (Steuerwagen Großraum): 1.Klasse

Heute sind die Garnituren in der Regel folgendermaßen zusammengestellt:

  • 4010.000 (Triebwagen)
  • 7010.100 (Zwischenwagen Großraum): 2.Klasse
  • 7110.100 (Zwischenwagen Abteile): 2.Klasse
  • 7110.200 (Zwischenwagen Abteile): 2.Klasse
  • 7110.300 (Zwischenwagen, ehemals Buffetwagen), 7010.100, 7110.100 oder 7110.200: 2. Klasse
  • 6010.000 (Steuerwagen Großraum): 1.Klasse

Ausgelieferte Fahrzeuge

 

Ausgeliefert wurden in den Jahren 1965 bis 1978 folgende Fahrzeuge:

Triebköpfe 
  • 4010.001-029
Zwischenwagen 
  • 7010.101-129
  • 7110.101-129
  • 7110.201-229
Speisewagen 
  • 7310.106-117
Halbspeisewagen 
  • 7310.001-005
  • 7110.301-312
Steuerwagen 
  • 6010.001-029

Verbleib

Heute werden diese Züge nach wie vor im innerösterreichischen InterCity-Verkehr von Graz nach Wien, Linz, Salzburg und Innsbruck, aber teilweise auch in untergeordneten Diensten eingesetzt, so waren sie bis März 2006 auch im Eilzugdienst auf der Franz-Josefs-Bahn zu finden. Die Zahl der Einsätze nimmt jedoch mit jedem Fahrplanwechsel ab, weil Züge als Ersatzteilspender abgestellt werden müssen oder wegen Fristablaufs außer Dienst genommen werden. Die verbleibenden Züge werden voraussichtlich bis zur geplanten Auslieferung der railjet-Garnituren im Jahr 2008 oder 2009 im Einsatz bleiben.

Die Triebzüge der Reihe 4010 sind aufgrund ihres markanten Designs und ihres in der Vergangenheit herausragenden Rufes weiten Kreisen der Bevölkerung als beliebte und komfortable Fahrzeuge in Erinnerung geblieben. Dennoch werden sie heute aufgrund der schon im Hinblick auf die vollständige Ausmusterung der Reihe nur noch auf das Notwendigste reduzierten Erhaltung als nicht mehr zeitgemäß im Vergleich mit modernen Fahrzeugen empfunden.

Es verkehren nur noch 10 4010-Garnituren auf den Strecken Graz-Linz/Salzburg/Innsbruck. Im neuen Fahrplan 2008 sind schon 4 Verbindugnen von Graz nach Salzburg und wieder zurück ohne Triebwagen 4010. Für die Führung der Züge 517, 513, 612, 514 wird älteres Waggonmaterial der DB (auch DB AutoZug) verwendet