Die letzten Einsätze der 4010 der ÖBB

 

 

 

Von Christof Hofbauer

 

 

 

 

Abschiedstour für einen alten Bekannten

 

 

Kennt ihr das auch? Da gibt es Baureihen, die waren irgendwie schon immer da. Nicht mehr ganz neu, aber auch noch nicht historisch. Kamen sie auf eine Fototour zufällig vorbei wurden sie meistens halt mitfotografiert oder man hat ab und zu, um für einen Fotoanfänger und Schüler teueres Filmmaterial zu sparen, auch die Kamera abgesetzt und sich gedacht: "Ne, den kannst du auch später nochmal fotografieren! Irgendwann mal, wenns besser passt oder man kein anderes Ziel hat!" Und plötzlich haben diese Maschinen oder Triebwagen nur mehr wenige Monate, bevor sie den Weg des alten Eisens gehen müssen.

Als ich 1987 in zwei einwöchigen Touren das Eisenbahnland Österreich erkundet habe, da fand man an allen Ecken und Enden noch aussergewöhnliches. Ob Altbaueloks mit BBÖ oder DRG Ursprung, Schmalspurromantik teils mit Vorkriegsdiesel, Triebwagen im Weinviertel aus der Vor- und Nachkriegszeit, Maschinen der GySEV oder CSD, die durch die wenigen Löcher im Eisernen Vorhang "schlüpften" oder Dieselurgestein a la 2045, usw. Loks der Reihe 1041 oder 1141, selbst die erste Nachkriegsbaureihe 1040 war damals noch völlig normal.
Wer hat sich da schon groß um die 4010 oder die 1042 gekümmert. Letztere erweckten gerade mal in der Untervariante, der 1042.0, verstärkt mein Interesse, weil mir die in der Linzer Gegend bis dato nicht vor die Linse gefahren waren. Man hat sie halt mitfotografiert, wenns grade passte.

Später kam der Mauerfall, neue Möglichkeiten im Osten mit vielen Motiven und das Bahnland Österreich geriet ins Hintertreffen. Aber da hatte man ja eh schon so einiges per Foto oder Dia verewigt. Und die 4010 liefen ja noch ganz normal und irgendwann wird man da schon nochmal hinfahren. Später kamen sie dann bis Frankfurt und man nahm sich vor, die irgendwann am Spessart oder so zu machen. Doch diese Vorhaben gerieten immer genauso schnell in Vergessenheit und ich beruhigte mich selbst "die fahren ja noch ganz alltäglich und ich hab noch viel Zeit".

Nun ist es soweit und die formschönen Triebwagen, einst Inbegriff der Reisekultur, haben nur mehr wenige Wochen Einsatzzeit vor sich.

Komisch nun rentiert es sich plötzlich um fünf aufzustehen und auf Jagd zu gehen. Und das taten wir dann auch. Nach Recherche im Internet und zittern vor dem Wetterbericht (wieder mal 3 Berichte und 5 Wetteraussichten) machten Sabine und ich uns am Samstag auf, Richtung Phyrnbahn und Selzthal.

 

 

 


Als erstes "Fotomodell" hatten wir uns den IC 500 ausgesucht. Nach unserer Schätzung sollten wir den oberhalb von Kirchdorf erreichen können. Mit kurzem Stop zweck Vignettenkauf kamen wir gut 20 Minuten vor der geschätzen Durchfahrt an. Die Sonne kämpfe mit einigen Wolkenschleiern und wir waren nur permanent am Umstellen der Belichtungszeiten und Blenden.

 

Als der 4010 001-8 dann kam hatte sie sich dann aber einigermaßen durchgekämpft und wir unseren Auftakt nach Maß.

 

 

 

 

Wenn wir schon mal da waren, konnten wir auf den rund 20 min. später durchfahrenende R 3940 auch noch warten. Doch zuerst rauschte es aus der anderen Richtung und zu unserer Freude kam von Linz her 1016 032-2.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nachdem unser Zeitplan jetzt eh im A..... war, entschieden wir uns für den IC 518 "Karl Böhm" an Ort und Stelle zu bleiben. Zwei Fragen brannten mir beim Warten auf den Nägeln! Fährt uns der entgegenkommendene OEC 669 vielleicht das Motiv zu und aus was ist der IC gebildet. Im Netz hatte ich einen Hinweis gefunden, dass es sich um eine Doppelgarnitur 4010 handelt, aber auch ein Bild gesehen auf dem eine 1142 eine Wagengarnitur bespannte. Eigentlich wären mir beide Varianten recht gewesen. 
Fotografieren wollte ich den Zug von einer Leitplanke herunter. Endlich tauchte der IC auf und es war ein Doppel 4010 ..... super ..... der OEC ließ sich von hinten auch nicht blicken .......supersuper ...... nur das Stehen auf der Leitplanke erwies sich mehr als schwierig. Erst recht weil der Wind mittlerweile doch recht stark blies und ich mehr als schwankte. Mit viel gerudere konnte ich dann 4010 029-6 und Kollegen doch auf den Chip bannen.

 

 

 

 

Langsam verschwand die Sonne hinter den Wolken und wir entschieden, den nächsten IC aus Richtung Salzburg vorderhalb von Selzthal zu machen. Aber wie fotografiert man einen Triebzug, dessen Triebkopf Richtung Osten läuft, wenn die Sonne aus Richtung Westen scheint. Wir studierten die Karte und fanden eine Stelle wo wir evtl. mit Streiflicht rechnen konnten.
Als wir in Oeblarn ankamen hatte sich die Sonne aber bereits hinter den Wolken verzogen. Schlecht für die Farben, gut für die gleichmäßige Ausleuchtung :-). 4010 008-3 kroch langsam Richtung Bahnhof.

 

Eigentlich sollte es nun heim gehen, doch als wir Liezen hinter uns gelassen hatten, sagte ein Blick auf die Uhr, dass wir es noch schaffen konnten, den Triebwagen bei der Durchfahrt durch Rottenmann nochmal zu sehen. Als ab Richtung Süden, schliesslich wollten wir nochmal die Vorbeifahrt der formschönen Baureihe geniessen und Abschied nehmen.

Etwas nach Plan kam das Doppel durch und wir hatten unseren Tagesabschluss......dachten wir. Kaum wollten wir uns auf den Weg machen, da kam aus Graz der IC 600/610 nach Linz und Innsbruck. Mensch, an die hatten wir ja garnicht mehr gedacht. Also Planänderung und ab nach Selzthal! Sabine hatte sich zwar schon auf Heimweg eingestellt und war nicht mehr unbedingt erfreut, machte aber, wie immer, gute Mine zum eisenbahnverrückten Spiel........ist halt einfach ein absoluter Schatz.......!!!!

Im Bahnhof entstanden dann noch diverse Aufnahmen von 4010 007-5, der sich nach Linz aufmachte, und 4010 019-0 der kurz danach Richtung Innsbruck aufbrach.

 

 

Und ich? Ich genoss nochmal die Ausfahrten und schaute beiden Garnituren lange hinterher. Mein persönliches Abschiednehmen, auch von einem Teil meines Fotohobbys.

Es werden immer weniger Baureihen, welche mich von Anfang meiner Fotozeit bis jetzt mehr oder weniger begleitet haben. Und da wären wir wieder am Anfang des Beitrags. Erinnerten mich die Geräusche beim Aufschalten des 4010 nicht an die, die die 115 im Münchner Hauptbahnhof abgegeben hat, als sie vor einigen Tagen die Leergarnitur des EC aus Italien nach Pasing zog? Auch deren Uhr läuft unwiderruflich ab.
Werd ich in 40 Jahren auch dastehen und einem der letzten Taurus nachschauen, wie er singend den Bahnhof verlässt? Pläne und Karten studieren um die perfekte Tour zusammen zustellen?

Ich weiß nicht ob ich Traxx, Taurus und Co. dann genauso lieben und betrauern werde, wie jetzt die früher allgegenwärtigen und "langweiligen" Baureihen. Naja, mal schauen! Und wenn ich es mir recht überlege ist es wohl dann eher das "Problem" meiner Enkel :-). Ich bin dann der, der aus verstaubten Kisten die alten Fotos herauskrammt und von einer längst vergangenen Zeit erzählt in der noch ganz "komische" Loks unterwegs waren.