Die SBB lassen auch den ÖBB-Railjet ihren Inlandzügen hinterherfahren - Verspätung ist ebenfalls inklusive

Am Sonntag 13. Dezember 2009 war Fahrplanwechsel und es hat die sogenannte Fahrplanperiode 2010 begonnen. Der neue Fahrplan gilt bis 11. Dezember 2010. Nebst zahlreichen anderen Fahrplanänderungen ist am Sonntag erstmals ein ÖBB-Railjet fahrplanmässig (oder sagen wir vielleicht besser gemäss dem Offiziellen Kursbuch) nach Zürich HB gefahren.

                                                                              Foto: Marcel Manhart

 

Der erste fahrplanmässige Railjet von Wien Westbahnhof nach Zürich HB war der RJ 160. Dieser Zug hatte Wien um 07.20 Uhr verlassen und erreichte den Grenzbahnhof in Buchs (SG) nach einer knapp 7-stündigen Fahrzeit. Der neue "Jet" hatte diese 750 Kilometer beinahe pünktlich absolviert und in Buchs (SG) nicht einmal 10 Minuten Verspätung. Nach 7 Stunden Fahrt über eine solche lange Strecke eigentlich ein sehr gutes "Ergebnis". 

Dumm nur, dass die SBB da nicht mitmacht und wie früher schon die Eurocity-Züge aus Österreich, nun auch den Railjet, auf dem schweizerischen Streckenabschnitt "versauern" lässt! Da in Buchs (SG) kein Lokwechsel mehr nötig ist beträgt die fahrplanmässige Aufenthaltszeit am Grenzbahnhof nur noch 6 Minuten, was normalerweise auch durchaus ausreichend ist. Für den RJ 160 hat man heute aber genau das Doppelte, nämlich 12 Minuten benötigt, sodass der Zug Buchs (SG) in Richtung Zürich mit einer Viertelstunde Verspätung verlassen hat. 

Damit aber noch nicht genug, denn obwohl der Railjet dennoch vor dem Interregio Chur - Zürich - Basel in Sargans eingetroffen ist musste er dort nochmals warten und diesem Zug den Vortritt bei der Weiterfahrt in Richtung Zürich lassen! Zwischen Buchs (SG) und Zürich HB ist Sargans der einzige Zwischenhalt des ÖBB-Zuges aus Wien, das heisst fahrplanmässig ist der Zug von Sargans ohne Halt bis Zürich. Der Interregio 1780 (Sargans ab: 14.39 Uhr) hält bis Zürich aber noch zusätzlich in Ziegelbrücke, in Pfäffikon (SZ), in Wädenswil und in Thalwil und trotzdem hatte dieser Zug Vorrang vor dem "schnellen" Railjet! 

So wurde der Railjet auf dem schweizerischen Streckenabschnitt "arg gebremst" und musste dem IR 1780 hinterherfahren, was in Zürich HB eine Verspätung von gut einer halben Stunde bedeutete. Je nach Destination der Reisenden hatte dies für sie am schlussendlichen Zielort eine Verspätung von bis zu einer Stunde zur Folge. Aber auch die in Sargans (Planankunft: 14.23 Uhr) in Richtung Graubünden weiterreisenden Fahrgäste waren nicht besser bedient: Der IC 573 (Abfahrt: 14.33 Uhr) ist natürlich direkt vor der Nase weggefahren und sie mussten den Regionalzug 7853 (Abfahrt: 14.41 Uhr) benützen. Dies war an und für sich noch kein grosses Problem, aber dieses folgte dann bereits beim Umsteigen in Landquart (in Richtung Davos oder Scuol) sowie in Chur (beispielsweise in Richtung St. Moritz oder Disentis), denn diese "Anschlusszüge" warteten natürlich nicht auf den Regionalzug und somit hatten dann auch diese Fahrgäste aus dem Railjet schlussendlich eine Verspätung von einer Stunde an ihren jeweiligen Zielorten! 

Der mit viel Werbeaufwand und grossem Tam-Tam (unter anderem einer Pressefahrt rund um den Zürichsee.....!) angekündigte Railjet wurde auf dem schweizerischen Streckenabschnitt also bereits an seinem ersten Verkehrstag eingebremst. So holt man sich die in den letzten Jahren verlorenen Marktanteile im Österreich-Verkehr wohl kaum zurück, denn nur gute Werbung alleine nützt herzlich wenig, wenn die Realität dann anders aussieht. Dass der "versprochene Zeitgewinn" zwischen Wien und Zürich auf den Railjet zurückzuführen ist stimmt ebensowenig: Der Eurocity 162 "Transalpin" legt diese Strecke nämlich mit herkömlichem Wagenmaterial (u.a. auch mit einem SBB-Panoramawagen) mit der genau gleichen Fahrzeit zurück! Entscheidend für den Zeitgewinn sind Streckenausbauten in Österreich sowie zahlreiche gestrichene Halte. Diese direkten Züge halten beispielsweise in Wels, Kufstein, Wörgl, Jenbach usw. nicht mehr! 

Interessant ist auch, dass diese Behinderungen der Züge aus Österreich in den internen Dienstvorschriften der SBB geregelt sind. Denn hat der Zug nach einer 7-stündigen Fahrt über die 750 km lange Strecke von Wien nach Buchs auch nur wenige Minuten Verspätung wird er auf dem schweizerischen Streckenabschnitt stehen gelassen. Damit die Verspätungsstatistik von Andreas Meyer auch stimmt, wird für die Reisenden ab Buchs nach Zürich "eine Ersatzverbindung" angeboten. So wurde auch am Sonntag der planmässig um 14.05 ab Buchs nach Sargans verkehrende Regionalzug 7953 sieben Minuten zurückbehalten und hatte Buchs um 14.12 Uhr (dies ist die planmässige Abfahrtszeit des Railjet 160) verlassen. In Sargans konnten die Reisenden dann auf den IC 578 (Chur - Zürich) umsteigen und haben so statistisch gesehen Zürich HB mit nur 3 Minuten Verspätung erreicht. Dass die Reisenden aus dem Railjet aus Österreich aber Zürich mit über einer halben Stunde und ihre jeweiligen Zielorte mit bis zu einer Stunde Verspätung erreicht haben, das interessiert die SBB wohl nicht.

UPDATE vom 15. Januar 2010:

Seit 6. Januar 2010 ist bei den ÖBB eine neue Dienstleistung in Betrieb: 
Bei Zugverspätungen können Sie sich nun selber eine Bestätigung des verspäteten Zuges online ausdrucken!

Hier wird dann auch 1:1 ersichtlich, wer für die teils massiven Ankunfts- verspätungen der Züge aus Österreich in Zürich HB verantwortlich ist: