Der Lettenviadukt in Zürich soll verlängert werden

Die Stadt Zürich plant einen neuen Fuss- und Veloweg quer über das HB-Gleisfeld bis zum Güterbahnhof. Kostenpunkt: 20 Millionen Franken. Es ist nicht die einzige Passerelle, die gebaut werden soll.

Es ist ein ehrgeiziges Projekt: Mit einem Brückenschlag quer über das Gleisfeld des Hauptbahnhof-Vorgeländes soll die bestehende Fussgänger- und Veloverbindung auf dem Lettenviadukt von der Josefwiese bis zur Hohlstrasse weitergeführt werden. Dies plant das städtische Tiefbauamt zusammen mit den SBB, wie Tiefbauamt-Sprecherin Cornelia Schreier bestätigt: «Wir wollen diese Verlängerung des Lettenviadukts bis in den Kreis 4.»

Das Ziel der neuen Passerelle: Ausbau der Veloinfrastruktur, Förderung des Langsamverkehrs, bessere Verbindung der Stadtkreise 4 und 5. Nicht zuletzt soll der neue Fuss- und Veloweg über die Gleise auch das auf dem Areal des Güterbahnhofs geplante Polizei- und Justizzentrum (PJZ) erschliessen. Dessen Mitarbeiter wären auf dem neuen Weg schnell beim Bahnhof Hardbrücke und bei der S-Bahn.

450 Meter lange Brücke

Die neue Gleisquerung sieht eine Verlängerung des Lettenviadukts um 610 Meter vor 450 Meter auf einer Brücke, 160 Meter ebenerdig. Startpunkt ist die Kreuzung Hohl-/Remisenstrasse beim Güterbahnhof. Von dort führt der Weg zuerst die SBB-Gleise entlang, geht dann unter der bestehenden Kohlendreieck-Brücke hindurch, steigt darauf als Brücke über das Niveau der SBB-Fahrleitungen an und quert die Gleise rechtwinklig. Noch existiert kein Detailprojekt, dafür gibt es erste Kostenschätzungen. Diese gehen von einem Betrag von 20 Millionen Franken aus, womit eine Volksabstimmung nötig würde.

 

Die Stadt wollte bereits in diesem Winter einen Wettbewerb für die Verlängerung des Lettenviadukts ausschreiben und 2013/14 mit dem Bau beginnen. Doch weil es sich um ein komplexes Bauwerk und eine brückentechnische Herausforderung handelt, bei der auch die SBB ein gewichtiges Wort mitreden, braucht es noch genauere Abklärungen, wie Schreier sagt. Derzeit seien Gespräche im Gang, Anfang nächsten Jahres entscheidet man über das weitere Vorgehen.

Fussgänger- und Veloverbindung

Bis dann muss auch die Frage geklärt sein, wie es mit einem weiteren Brückenprojekt im HB-Gleisfeld weitergeht. Denn etwas näher beim Hauptbahnhof ist noch eine Fussgänger- und Veloverbindung zwischen den Kreisen 4 und 5 geplant: der Negrellisteg. Diese rund 200 Meter lange Passerelle soll im Zusammenhang mit dem bei der Sihlpost entstehenden neuen Stadtteil Europaallee errichtet werden, und zwar in der Verlängerung der Kanonengasse und der Klingenstrasse. Für den Negrellisteg will die Stadt laut Schreier Anfang nächsten Jahres einen Projektwettbewerb lancieren. Die Jurierung ist für November 2010 angesetzt, als Baubeginn in diesem Fall ist 2015 vorgesehen.

 

Die Weiterführung des Lettenviadukts entspricht einer alten Forderung von Politikern aus den Kreisen 4 und 5 und einem lange gehegten Wunsch der Stadtverwaltung. Bereits in den 90er- Jahren hatte sie Pläne einer weitgespannten Tangente bis in den Kreis 4 gewälzt. 1997 sprach der Stadtrat in der Antwort auf eine Motion im Gemeinderat von einem «alten städtebaulichen Wunsch». Er wies aber darauf hin, dass eine Fuss- und Radwegverbindung von der Josefwiese bis in den Kreis 4 mit hohen Kosten verbunden wäre, «da das bestehende Trassee aus technischen Gründen selbst nicht als Wegverbindung dienen kann, sondern ein selbstständiges, seitlich auskragendes Bauwerk erstellt werden müsste.» Damals schätzte die Stadt die Baukosten auf 16 Millionen Franken.

Zufriedene Politiker

Bei den früheren Initianten des Brückenschlags über die Gleise herrscht Genugtuung, dass die Stadt jetzt Ernst machen will mit dem Vorhaben. CVP-Gemeinderat Robert Schönbächler spricht von einer «Super-Direktverbindung» zwischen den bisher durch Fluss und Gleise getrennten Quartieren. Er ist überzeugt, dass die neue Passerelle rege benutzt würde. AL-Gemeinderat Niklaus Scherr begrüsst die Pläne, bedauert allerdings, dass die alte Stahlbrücke des Wipkingerviadukts abmontiert wurde. «Das wäre die einfachste und günstigste Verbindung gewesen.» Jetzt müsse eine teure Lösung mit neuen Pfeilern im Gleisfeld realisiert werden, für die es noch viele Hürden zu überwinden gelte.

 

Von einer «genialen und wichtigen Verbindung» spricht Gemeinderat Daniel Leupi (Grüne), Mitinhaber des Velobüros in Olten. Velofahrer wünschten sich eine solche Überführung schon lange. Angesichts des Nutzens hält Leupi die Baukosten von 20 Millionen für gerechtfertigt. «Ich hoffe nur, dass das Projekt nicht den Sparbemühungen des Stadtrates wegen der Krise zum Opfer fällt.»