Frachter und Camions werden eingemottet

Die Transportbranche steckt mit in der Wirtschaftsflaute. Jetzt müssen Schiffe, Lastwagen, Lokomotiven und Flugzeuge stillgelegt werden – aber so, dass sie keinen Schaden nehmen.

Die Schweizer Filiale des finnischen Schiffsmotorenkonzerns Wärtsilä hat eine neue Dienstleistung im Angebot: Koordiniert von der Zentrale in Winterthur, helfen Fachleute den Reedereien bei der Stilllegung von Schiffen. «Die Stilllegung von Schiffen ist ein komplexer Vorgang, der Methodik und Fachkompetenz erfordert, um das Risiko einer Störung bei der Wiederinbetriebnahme zu minimieren», sagt Tage Blomberg, Chef der Wärtsilä Services. Die 6700 Mitarbeiter, die der Konzern beschäftigt, stehen jetzt – da sie mit Neubauten weniger zu tun haben – für das Einmotten unbeschäftigter Ozeanriesen zur Verfügung.

Vor allem Containerschiffe sind gegenwärtig zu Hunderten leer vor Anker oder, wie die Seeleute sagen, «aufgelegt», das heisst, ausser Betrieb. Fast 550 Einheiten sind es laut einer Zählung der Branchenbeobachter von «Lloyd’s List», mehr als 10 Prozent des Bestandes. Und die Tendenz ist steigend. Ein Manager des britischen Serviceunternehmens Bibby erklärte, auch Autotransporter und Tanker würden zunehmend stillgelegt, mehreren Tausend Schiffen drohe eine kürzere oder längere Pause.

Die dänische Reederei A.-P. Moeller-Maersk, welche die grösste Containerflotte der Welt betreibt, rechnet für dieses Jahr mit einem Einbruch des Geschäfts von 10 Prozent – seit den 70er-Jahren war es jeweils um 10 Prozent oder mehr gewachsen.

Einfach abschalten geht nicht
Ein Frachter ist ein technisch komplexes Gebilde mit zahlreichen Maschinen, Motoren, Getrieben, Pumpen, Leitungen und Hilfssystemen. Auch wenn das Schiff ruht, muss immer ein Minimalbestand der Besatzung anwesend sein und den Unterhalt und die Sicherheit gewährleisten. Den riesigen mechanischen und elektrischen Anlagen drohen Lagerschäden und Korrosion. Wärtsilä – und übrigens auch andere Anbieter – offerieren den Reedereien jetzt, diesen Service zu übernehmen. Je nachdem, wie der Reeder rechnet, kann er die Zwangspause auch nutzen, um technische Anlagen gründlich renovieren, aufrüsten oder ersetzen zu lassen – wenn er ein altes Schiff nicht gleich zum Verschrotten schicken will.

Bei den Bahnen sind die Probleme nicht ganz so gross. SBB-Cargo hat bereits ein Programm zur Reduzierung des Wagenbestandes eingeleitet, zugemietete Wagen wurden den Vermietern zurückgegeben. Wie viele der eigenen Wagen für eine wieder anziehende Nachfrage behalten werden sollen, werde abgeklärt, sagt SBB-Sprecher Roman Marti, besondere Pflege sei bei den abgestellten Wagen nicht erforderlich. Neuere, nicht benötigte Lokomotiven hat SBB-Cargo an SBB-Personenverkehr vermietet, von den älteren wird ein Teil wohl verschrottet werden.

Camionneure stark betroffen
Stark betroffen von der Krise ist das Lastwagengewerbe. In grosser Zahl werden Camions stillgelegt und die Kontrollschilder beim Strassenverkehrsamt deponiert. «Die Zahl der in der Schweiz immatrikulierten schweren Nutzfahrzeuge ist Ende Februar im Vorjahresvergleich um 5 Prozent gesunken. Waren 2008 noch 44_185 im Einsatz, so sank die Zahl im Februar 2009 auf 42_051», sagt Michael Gehrken, Direktor des Branchenverbandes Astag. Die Inverkehrsetzung von Neufahrzeugen habe bis April um fast 20 Prozent abgenommen, die Zahl der Bestellungen sogar um 50 Prozent.

Abgestellt werden laut Gehrken vor allem ältere Fahrzeuge, bei denen eine höhere Schwerverkehrsabgabe anfalle. Standschäden seien kurzfristig kein Problem. Rechne ein Unternehmer mit einer langen Durststrecke, werde er sich den Verkauf von Fahrzeugen überlegen, wobei vor allem der Export infrage komme.

Besondere Probleme haben jetzt Unternehmen, die zahlreiche geleaste Camions in ihrer Flotte haben. «Geleaste Fahrzeuge können nur in Extremfällen und über kurze Zeit stillgelegt werden, da die Leasingraten weiterlaufen und anfallen. Dies führt dazu, dass gerade Unternehmen mit einem hohen Anteil an geleasten Fahrzeugen tendenziell eher bereit sind, unter Preis zu fahren», stellt Gehrken fest.

Airbus rollt nur einmal pro Woche
  Eine Zwangspause gibt es derzeit auch bei einer Maschine der Fluggesellschaft Swiss. Später könnte es noch eine zweite sein, wenn weitere Kapazitätsanpassungen vor allem im Langstreckenverkehr nötig würden, wie Swiss-Sprecher Jean-Claude Donzel sagt. Die Flugzeuge werden jeweils für 90 Tage aus dem Verkehr genommen und parkiert. Während dieser Zeit muss einmal wöchentlich ein Check durchgeführt werden, die Motoren müssen aufgestartet werden, und die Maschine rollt ein kleines Stück auf dem Abstellfeld. Das koste zwar etwas, sei aber viel günstiger als das Fliegen mit einer ungenügenden Auslastung, sagt Donzel.