Zugpersonal der Deutschen Bahn trainiert das Lächeln

Früher gab es eine Bundesbahn und Schaffner. Sie galten als Inbegriff des übellaunigen Beamten. Doch heute sollen die «Kundenbetreuer im Nahverkehr« niemanden mehr erschrecken, sondern jedem die Reise angenehm machen. Dafür lernen sie zurzeit in Regensburg auch mit Essstäbchen zu lächeln....

Sieht komisch aus. Und fühlt sich auch so an, wie Günter Sellmeyer bestätigt. Trotzdem findet der 43-jährige Eisenbahner nichts dabei, ein Essstäbchen erst zwischen die Zähne und dann zwischen die Lippen zu nehmen und sich dabei selber aufmerksam im Spiegel zu betrachten. Schließlich ist die Übung im DB-Schulungszentrum in Regensburg auch nicht zur Belustigung umherstehender Journalisten gedacht, sondern soll ihm und all den anderen Schaffnern in bayerischen Nahverkehrszügen deutlich machen, dass es leichter ist zu lächeln, als ein grimmiges Gesicht zu ziehen. Letzteres passiert nämlich, wenn das Holzstückchen mühsam mit den Lippen gehalten werden muss.

Kleiner, aber wichtiger Schlüssel
«Dazu braucht man 43 Gesichtsmuskeln, zum Lachen nur 17«, sagt Bärbel Fuchs. Und die nach außen getragene gute Laune sei nun einmal ein kleiner, aber wichtiger Schlüssel, wenn es darum geht, dass die Fahrgäste am Ende ihrer Reise zufrieden aus den Zügen steigen, so die Leiterin des Bahn-Projekts «Service im Zug«. Zu den Zeiten der alten Bundesbahn wäre auch ihrer Einschätzung nach wohl niemand darauf gekommen, nach und nach 1100 Schaffner des Freistaats zwei Tage lang in Sachen Höflichkeit und Service zu schulen. Doch die Zeiten haben sich seit der Privatisierung der einstigen Beamtenbahn 1994 gewaltig geändert. Aus den Frauen und Männern in Uniformen sind inzwischen «Kundenbetreuer im Nahverkehr« (KiN) geworden. Und statt die Knipszange bedrohlich vor sich auszustrecken, hat sich das Berufsbild stark gewandelt.

Als Mitte der 90er Jahre die ersten Zugbegleiter im Fernverkehr dazu vergattert wurden, Reisenden Kaffee anzubieten, kam das einer Revolution gleich. «Die Grundbedürfnisse des Kunden liegen in der Hand des Personals«, sagt Fuchs heute, und auf der Folie im Hintergrund leuchtet der Satz «Service ist durch Kunden empfundene Liebe«. Das kann und darf einem dann schon auch ein Stück zu viel des Guten sein. Tatsache aber ist, dass sich der Servicegedanke auch bei altgedienten Bahnern durchgesetzt hat. «Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus«, sagt Sellmeyer, der seit 1989 Schaffner, pardon, KiN ist. Ebenso hat sich jedoch auch die Wahrnehmung durch die Gesellschaft geändert.

Smalltalk mit Reisenden
Bei regelmässigen Umfragen in den Zügen kriegt das Bordpersonal schon seit Jahren Bestnoten. Daran konnten auch die Schlagzeilen über in der Dunkelheit ausgesetzte Kinder ohne Fahrkarte im letzten Jahr nichts ändern. Ein Unding, wie jeder hier wie auf Knopfdruck unterstreicht, bevor die nächste der zehn Stationen des Übungsparcours durchlaufen wird: Smalltalk mit Reisenden üben, «Die Fahrkarten bitte« auf Tonband sprechen, um hinterher zu hören, ob es auch wirklich freundlich klingt. Die Erfahrungen im Freistaat sollen bundesweit genutzt werden, ähnliche Fortbildungen des Personals in den anderen Bundesländern könnten bald folgen.